Technischer Durchführungsstandard zu den Informationspflichten des Kreditinstituts beim Verkauf von notleidenden Krediten – Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083
I. Management Summary
Ein verkaufendes Kreditinstitut muss einem möglichen Kreditkäufer vor Abschluss einer Vereinbarung über den Erwerb eines notleidenden Kreditvertrags oder der damit verbundenen Ansprüche des Kreditgebers sämtliche relevanten Informationen bereitstellen. Dies umfasst übergeordnet Informationen über den notleidenden Kreditvertrag, die Ansprüche des Kreditgebers sowie etwaige Sicherheiten, vgl. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 der Richtlinie (EU) 2021/2167 („Kreditzweitmarktrichtlinie“) und § 6 Abs. 1 und 2 Kreditzweitmarktgesetz („KrZwMG“). Der angehende Kreditkäufer ist verpflichtet, die bereitgestellten Informationen durch das Kreditinstitut zu schützen und die vertrauliche Behandlung der Geschäftsdaten sicherzustellen. Der beschriebene Informationsaustausch soll dabei nach Maßgabe der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083 der Europäischen Kommission vom 26. September 2023 erfolgen.
II. Rechtliche Ausgangslage
Die rechtliche Ausgangslage der vorliegenden Durchführungsverordnung findet sich in Art. 16 Abs. 1 der Kreditzweitmarktrichtlinie wieder.
Anhand der Datenvorlagen des technischen Durchführungsstandards für die Anwendung des Art. 16 Abs. 1 der Kreditzweitmarktrichtlinie sollen Kreditinstitute potenziellen Käufern solche Informationen bereitstellen, die es ihnen ermöglichen, die Rechte des Gläubigers, den Wert des notleidenden Kredits und die Wahrscheinlichkeit der Einziehung des Wertes fundiert zu bewerten. Dies trägt auch zur Verringerung von Informationsasymmetrien zwischen potenziellen Käufern und Verkäufern sowie einer gesteigerten Effizienz des Sekundärmarktes bei.
Dabei sollten Kreditinstitute die genannten Informationen angesichts des vorgegebenen Detaillierungsgrads nur ernsthaft interessierten potenziellen Käufern bei Verkäufen oder Übertragungen von Kreditverträgen, welche zu einem Wechsel des im Rahmen des betreffenden Kreditvertrags eingetragenen Kreditgebers führen, zur Verfügung stellen. Somit sollen mögliche, damit verbundene Auswirkungen auf die Vertraulichkeit berücksichtigt werden.
Im Interesse des Datenschutzes dürfen Kreditinstitute personenbezogene Daten lediglich dann übermitteln, wenn eine Identifikation der Person erforderlich ist, deren Kreditverträge notleidend sind. Im Rahmen der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083 ist die Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) für die Verarbeitung personenbezogener Daten anzuwenden.
Um darüber hinaus die gesetzlich vorgeschriebenen Geheimhaltungspflichten zu gewährleisten und solche Informationen zu schützen, die aus wirtschaftlicher Erwägung als vertraulich gelten, ist es empfehlenswert, dass Kreditinstitute im Vorfeld festlegen, welche Datenfelder als vertraulich einzustufen sind. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass sensible Informationen nur über sichere Kanäle und nur dann weitergegeben werden, wenn der potenzielle Käufer und das verkaufende Kreditinstitut eine Vertraulichkeitsvereinbarung getroffen haben.
III. Bereitzustellende Angaben zum Kreditvertrag: Granularität, Vollständigkeit und Genauigkeit der Angaben
Die Bereitstellung der Informationen erfolgt gemäß den Definitionen und Kriterien des Datenglossars in Anhang II sowie den Erläuterungen in Anhang III der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083. Vor dem Kauf eines notleidenden Kredites müssen die Kreditinstitute gemäß Art. 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083 potenziellen Käufern übergeordnet folgende Informationen zur Verfügung stellen:
a. Gegenpartei
b. Kredit
c. Sicherheiten, Garantien, Vollstreckungsverfahren
d. Hypothekarbürgschaft
e. Aufstellung der bisherigen Einziehungen und Rückzahlungen
Abb. – Aufbau der Datenvorlagen
IV. Technische Umsetzung
In der Praxis würde eine Informationsbereitstellung wie folgt ablaufen: Verkaufende Kreditinstitute stellen den potenziellen Käufern in elektronischer und maschinenlesbarer Form die nach Art. 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083 anzugebenden Informationen vor dem Abschluss eines Vertrages über den Verkauf oder die Übertragung eines notleidenden Kreditvertrags zur Verfügung, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
Sollten Kreditinstitute für den Verkauf notleidender Kredite elektronische Auktions- oder Transaktionsplattformen in Anspruch nehmen, können derartige Plattformen zusätzlich spezifische Vorgaben an das elektronische und maschinenlesbare Format stellen.
Ebenfalls können Kreditinstitute im Zuge der Verhandlungen über den Verkauf oder die Übertragung notleidender Kredite mit dem potenziellen Käufer die Bereitstellung zusätzlicher Informationen vereinbaren, welche die grundlegenden Daten der Datenvorlage ergänzen. Die zu verwendende Datenvorlage ist deshalb so zu konzipieren, dass die Integration zusätzlicher Datenfelder möglich ist. Dazu wird die Vorlage im Datenglossar um zusätzliche Zeilen mit einem kreditinstitutsspezifischen Index erweitert. Zur Ergänzung dieser zusätzlichen Daten können die Kreditinstitute auf die Meldevorlage der EBA zu Geschäften mit notleidenden Krediten zurückgreifen (EBA/GL/2018/06). Es ist sicherzustellen, dass solche ergänzenden Angaben gemäß den Prinzipien der Datenminimierung und des Datenschutzes durch technische Ausgestaltung und datenschutzfreundliche Standardeinstellungen keine weiteren persönlichen Daten umfassen.
V. Fazit
Verkaufende oder übertragende Kreditinstitute, welche NPL-Transaktionen durchführen möchten, sollten zeitnah die regulatorischen Anforderungen der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2083 umsetzen. Eine Implementierung der technischen Anforderungen ist seit Ablauf der Umsetzungsfrist der Kreditzweitmarktrichtlinie im Sinne des Art. 288 Abs. 3 AEUV am 29. Dezember 2023 und infolgedessen dem Inkrafttreten der nationalen Gesetzgebung (KrZwMG) verpflichtend.
Dr. Simon Grieser
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