Inkassowirtschaft übt scharfe Kritik an Inkassogesetz
Wirtschaft und Gesellschaft werden für schlechte Zahlungsmoral Einzelner haften
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) übt massive Kritik an dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht. Er belastet einseitig die Wirtschaft, macht Gläubigern den Einzug ihrer Forderungen in vielen Fällen wirtschaftlich unmöglich und vergesellschaftet so die Kosten schlechter Zahlungsmoral.
Der Verband rechnet allein für die Branche mit Einnahmeeinbußen von rund 30 Prozent – bei gleichbleibendem Arbeitsaufwand. „Das ist komplett unverhältnismäßig. Das Gesetz wird dazu führen, dass deutlich mehr Gläubiger auf ihren berechtigten Zahlungsansprüchen sitzen bleiben. Dabei steht die Wirtschaft vor einem beispiellosen Konjunktureinbruch, zehntausende Unternehmen sind akut von Insolvenz bedroht. Notwendig wären liquiditätssichernde Maßnahmen, um über diese Krise zu kommen. Stattdessen sollen mit diesem Gesetz die Kosten schlechter Zahlungsmoral Einzelner vergesellschaftet werden“, mahnt Verbandspräsidentin Kirsten Pedd.
Im vergangenen Jahr führten die Inkassodienstleister ihren gut 500.000 Auftraggebern rund 6 Milliarden Euro zurück und trugen so maßgeblich zur Stabilisierung des Wirtschaftskreislaufs bei.
Das Gesetz sieht in einigen Bereichen des Inkassos drastische Kostensenkungen vor. Beispielsweise sollen bei einem Erstanschreiben an einen säumigen Verbraucher die Gebühren für die Rechtsdienstleister um fast zwei Drittel sinken.
Bei Forderungen bis 50 Euro ist sogar eine noch stärkere Kostendeckelung vorgesehen – obwohl deren Einziehung genauso arbeitsintensiv ist wie bei höheren geschuldeten Summen. Der BDIU befürchtet, dass der dadurch verursachte Einnahmeausfall vielen Inkassodienstleistern die wirtschaftliche Grundlage entziehen wird.
Kirsten Pedd weiter: „Im Fokus dieser empfindlichen Gebührensenkung steht allein der Schuldnerschutz. Notwendig wäre aber auch eine Stärkung der Zahlungsmoral. Die Bundesregierung liefert hier noch immer zu wenig. Der Zangengriff aus Kleinforderungsregelung und massiver Schlechterstellung im Erstschreiben wird die Inkassodienstleistung in vielen Bereichen unwirtschaftlich machen. Diese eklatante Schwächung eines etablierten und unverzichtbaren Systems der Forderungseinziehung führt zu schlechteren Rückführungsquoten für Gläubiger. Am Ende wird die Allgemeinheit die Folgen tragen müssen.“
Auch aus der Wirtschaft kommt deutliche Kritik. Mehrere große Wirtschaftsverbände befürchten steigende Zahlungsrisiken für die Firmen hierzulande. So sollen durch das Gesetz gültige und bewährte Schadensersatzregelungen so modifiziert werden, dass Unternehmen ihre Schuldner vor der Übergabe einer Verzugsforderung an einen Inkassodienstleister explizit über diesen Schritt unterrichten müssten. Diese könnten sich aber nun mit der Behauptung schützen, niemals einen solchen Hinweis erhalten zu haben – mit der Folge, dass die Gläubiger auf den Rechtsverfolgungskosten sitzen bleiben.
Die BDIU-Präsidentin zieht ein bitteres Fazit: „Das Gesetz konfrontiert die Wirtschaft mit einer Überdosis Schuldnerschutz. Dabei sind in einer so einschneidenden Krise, wie wir sie alle gerade erleben, Solidarität, gesellschaftlicher Zusammenhalt und verantwortungsbewusstes Handeln gefragt. Wir brauchen ein Bekenntnis zur Vertragstreue und zu Rechtsdienstleistern, die auch weiterhin wirtschaftlich arbeiten können, um Vertragstreue im Zweifel auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Dieses Gesetz wird leider das Gegenteil bewirken.“