May 13, 2024 4:44 pm

Erlaubnispflicht § 10 KrZwMG als Verbotsgesetz des § 134 BGB?

I. Problemstellung

Wer nach dem am 30. Dezember 2023 in Kraft getretene Kreditzweitmarktgesetz („KrZwMG“) im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert Kreditdienstleistungen erbringen will, bedarf dafür der Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) gemäß § 10 Abs. 1 KrZwMG.

Aufgrund des § 1 KrZwMG, der Anwendungsbereich dieses Gesetzes und Verhältnis zum Rechtsdienstleistungsgesetz („RDG“) regelt, stellt sich die Frage, ob der Erlaubnisvorbehalt des § 10 KrZwMG entsprechend § 3 RDG ein Verbotsgesetz oder ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist.

Ob und inwieweit § 10 KrZwMG ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt oder ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch („BGB“) ist, wird im Folgenden diskutiert.

II. Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB

Zunächst ist zu klären, was ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB ist. Ob ein solches vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Für die Frage, ob ein Verbotsgesetz, das Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB nach sich zieht oder lediglich eine Ordnungsvorschrift vorliegt, muss anhand von Sinn und Zweck des dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Gesetzes festgestellt werden.[1]

Entscheidend ist dabei, dass sich das Gesetz nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg. Ob eine Handlung dabei unter Straf- oder Bußgeldvorschrift gestellt ist, ist für die Nichtigkeit nach § 134 BGB nicht maßgeblich, vielmehr muss für jede einzelne Vorschrift Normrichtung und Normzweck ermittelt und bewertet werden.[2]

Als Orientierungshilfe für die Frage, ob ein Verbotsgesetz oder lediglich eine Ordnungsvorschrift vorliegt, kann Folgendes dienen: gelangt man durch die Auslegung der Vorschrift zu dem Ergebnis, dass das Verbot sich lediglich gegen die Umstände seines Zustandekommens wendet und gerade nicht bezweckt, das Geschäft als solches zu untersagen, handelt es sich um eine Ordnungsvorschrift. Allein aus der durch den Gesetzeszweck gebotenen Rechtsfolge lässt sich dagegen kein zuverlässiger Anhaltspunkt für die Qualifikation als Verbotsgesetz herleiten. Eine weiter Orientierungshilfe bietet die Betrachtung, ob beide Vertragsparteien gegen ein Verbotsgesetz verstoßen (dann folgt die Nichtigkeit des § 134 BGB) oder nur eine Vertragspartei (dann keine Anwendbarkeit des § 134 BGB).

III. § 10 KrZwMG

Gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 KrZwMG ist für das Erbringen von Kreditdienstleistungen im Inland, die einen gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, eine schriftliche oder elektronische Erlaubnis der BaFin erforderlich.

Schutzzweck des KrZwMG ist die Förderung eines effizienten Sekundärmarktes für notleidende Kredite durch Schaffung eines einheitlichen Rahmens für Kreditkäufer und Kreditdienstleistungsinstitute.[3]

§ 10 KrZwMG stellt die Tätigkeit, Kreditdienstleistungen zu erbringen dem Wortlaut nach unter einen Erlaubnisvorbehalt „Wer […] Kreditdienstleistungen erbringen will, bedarf dafür der schriftlichen oder elektronischen Erlaubnis […]“.

1. Vergleich mit § 3 RDG

§ 3 Rechtsdienstleistungsgesetz („RDG“) liegt der Gedanke zu Grunde, dass Rechtsdienstleistung grundsätzlich verboten ist, es sei denn, sie ist nach dem RDG oder nach anderen Gesetzen erlaubt.[4] Bereits aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass Verstoß gegen das Verbot aus § 3 RDG zu einer Nichtigkeit des gesamten der Dienstleistung zugrunde liegenden Vertrags nach § 134 BGB führt.[5] Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten und Schweregraden von Verstößen wurde dabei gerade nicht getroffen.[6]

Eine weitere Folge des Verstoßes gegen kann sich bei erlittenen Vermögensschäden ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 i. V. m. §§ 1, 3 RDG als Schutzgesetz ergeben.[7]

§ 3 RDG und § 10 KrZwMG unterscheiden sich bereits in ihren Formulierungen stark voneinander. So sieht § 10 KrZwMG ausdrücklich eine durch die BaFin erteilte Erlaubnis vor, während § 3 RDG eine gesetzliche Erlaubnis voraussetzt.

Aufgrund der wesentlichen Unterschiede zwischen den Regelungen verbietet sich daher eine Übertragung der durch § 3 RDG angeordneten Nichtigkeitsfolge auf § 10 KrZwMG.

2. Vergleich mit § 32 KWG

Dagegen sieht auch § 32 Kreditwesengesetz („KWG“) einen Erlaubnisvorbehalt vor.

Bereits die Formulierung des § 10 KrZwMG lehnt sich stark an der des § 32 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 KWG an. Dieser sieht vor, dass „wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will […] der schriftlichen Erlaubnis der Aufsichtsbehörde [bedarf]“.

Es handelt sich bei § 32 KWG gerade nicht um ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB.[8] Das Verbot Geschäfte ohne Erlaubnis zu betreiben, richtet sich ausschließlich gegen das Institut, nicht auch gegen den Geschäftspartner. Darüber hinaus sind nicht Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen an sich verboten, sondern die Durchführung durch ein Institut, das noch keine Erlaubnis innehat.[9]

Bei § 10 KrZwMG richtet sich das Verbot, Kreditdienstleistungen (in entsprechendem Umfang) zu erbringen nur an die Kreditdienstleistungsinstitute, nicht hingegen an deren Geschäftspartner. Auch hier liegt kein beiderseitiges Verbotsgeschäft vor.

Wie § 3 RDG ist auch § 32 KWG ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB.[10] Der Vertragspartner des ohne Erlaubnis agierenden Instituts kann auch Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Vertrags verlangen.[11]

Ob § 10 KrZwMG ebenfalls als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB eingeordnet werden kann, ist nicht Gegenstand dieser Bertachtung.

3. Fazit

§ 10 KrZwMG ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Wird das Kreditinstitut ohne entsprechende Erlaubnis tätig, führt dies nicht zur Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts und damit einhergehender Verträge und Rechtshandlungen gemäß § 134 BGB.

 

Dr. Simon Grieser

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[1] MüKo/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 134 BGB Rn. 58.
[2] BGH, Urteil vom 30.04.1992 – III ZR 151/91 in NJW 1992, 2021 ff.
[3] BT-Drs. 20/9093, S. 125.
[4] HK-Privatinsolvenz/Allemand, 2. Auflage 2022, RDG § 3 Rn. 1.
[5] BT-Drs. 16/3655, 51; BGH, Urteil v. 30.10.2012 – XI ZR 324/11 in NJW 2013, 59, 62.
[6] Krenzler/Remmertz/Offermann-Burckart, 3. Auflage 2023, § 3 RDG, Rn. 70.
[7] Krenzler/Remmertz/Offermann-Burckart, 3. Auflage 2023, § 3 RDG, Rn. 75.
[8] Grüneberg/Ellenberger, 83. Auflage 2024, § 134 BGB Rn. 20; bereits BGH, Urteil v. 14.07.1966 – III ZR 240/64 Tz. 21; BGH, Urteil v. 13.07.1978 – III ZR 178/76, Tz. 17; BGH, Urteil v. 19.04.2011 – XI ZR 256/10, Tz. 20.
[9] Fischer/Schulte-Mattler/Fischer/Krolop, 6. Aufl. 2023, KWG § 32 Rn. 31.
[10] St. Rspr., bereits BGH, Urteil v. 08.05.1973 – VI ZR 164/71 in NJW 1973, 1547, 1549; BGH, Urteil v. 13.04.1994 – II ZR 16/93 – in NJW 1994, 1801; BGH, Urteil v. 07.12.2009 – II ZR 15/08 in WM 2010, 262, 263.
[11] Fischer/Schulte-Mattler/Fischer/Krolop, 6. Aufl. 2023, KWG § 32 Rn. 31.
Dieser Artikel wurde verfasst von Max Weltersbach

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