Energiewende: So gehen die Firmenpleiten weiter
Die Energiewende ist zum Scheitern verurteilt, denn es fehlt ein Generalplan für die Umsetzung des Mammutprojekt – das hat sich auch durch das Klimapaket der Bundesregierung nicht verändert. Viele der ehemaligen Vorzeigeunternehmen der deutschen Erneuerbare-Energien-Branche sind mittlerweile nur noch für Investoren aus dem Distressed-Bereich interessant.
Bürger, Experten und Politiker zeigen sich noch immer tief enttäuscht über das Klimapaket der Bundesregierung. Dabei war die Hoffnung groß, dass sich etwas ändert. Was von der Bundesregierung erwartet wurde, war ein umfassendes und tiefgreifendes Konzept, wie Deutschland den Wandel aus der fossilen Stromerzeugung in die Energiewelt der Zukunft schaffen will. Und wie die Sektoren Energie, Wärme und Verkehr sinnvoll miteinander verknüpft werden. Herausgekommen ist eine merkwürdige Mischung aus Freiwilligkeit und Zwang, mit der die Bundesregierung das Mammutprojekt Energiewende angehen will.
Bitte nicht falsch verstehen: Eine Energiewende ist richtig und wichtig. Wenn sich das Klima weiter verändert, wird das weitreichende Folgen haben, die wir uns aktuell noch nicht mal ausmalen können. Fakt ist aber auch, dass die in der Vergangenheit und aktuell von der Bundesregierung vollzogenen Maßnahmen nicht ausreichen und nicht stimmig sind. Überall wird ein bisschen gewerkelt – aber es kommt nicht viel Zählbares dabei heraus. Und noch viel schlimmer: Es wurden mittlerweile schon Milliarden an Euro ohne Sinn und Verstand verbrannt. Was in Deutschland leider fehlt, ist der passende Generalplan zum Projekt Energiewende– nach wie vor.
Nur Nischenanbieter überleben
Die Energiewende in Deutschland bleibt in einer Sackgasse; das kann man auch an den vielen Firmenpleiten der beteiligten deutschen Unternehmen ablesen – obwohl deutsche Ingenieure die wesentlichen wegweisenden Technologien überhaupt erst entwickelt haben. Von den einstigen EE-Pionieren haben leider nur Nischenanbieter überlebt; von zwei bis drei großen Windkraftprojektierern einmal abgesehen. Die operieren aber vorrangig weltweit und federn so die Unsicherheiten in Deutschland ab.
Der Markt für Windkraftanlagen ist hierzulande quasi zum Erliegen gekommen. 30.000 große Windräder stehen in Deutschland, doch es kommen momentan nur wenige dazu. Denn beispielsweise dauern die Genehmigungsverfahren endlos lang. Zudem wehren sich aktuell mehr als 1.000 Bürgerinitiativen gegen den weiteren Ausbau der Anlagen. Darüber hinaus ist noch immer ungeklärt, wie der Wind aus dem Norden der Republik schlussendlich in die südlichen Bundesländer gelangen soll. Die geplante Stromautobahn Suedlink ist hochumstritten – obwohl die Investitionen mit einer Summe von 10 Milliarden Euro durchaus ein Konjunkturpaket sind, das Deutschland aktuell gut gebrauchen könnte.
Auch in der deutschen Photovoltaik sieht es aktuell eher düster aus. Mit Solarworld ist im vergangenen Jahr auch der letzte große Photovoltaik-Konzern Europas endgültig in die Insolvenz geschlittert – wie eine Vielzahl deutscher Solarfirmen davor. Wer sich vor dem Totalverlust retten konnte, verkauft heutzutage lieber Premiumware an Häuslebauer, als im Massenmarkt gegen die übermächtige asiatische Konkurrenz anzutreten. Generell gilt: Nur wer einen potenten Investor im Rücken hat, wird sich auf Dauer am Markt durchsetzen – wie die Sonnen Gruppe. Anfang des Jahres hat Shell sich den bayerischen Batteriespeicher-Hersteller mit Sitz in Wilpoldsried einverleibt.
EE-Branche hat Anziehungskraft verloren
Die Übernahme von Sonnen durch den englisch-holländischen Ölkonzern ist allerdings eine große Ausnahme. Denn die deutschen Unternehmen aus der Erneuerbaren-Energien-Branche üben mittlerweile keine allzu große Anziehungskraft mehr auf institutionelle Investoren aus – höchstens auf solche aus dem Distressed-Bereich, die es auf zahlungsunfähige deutsche Unternehmen abgesehen haben. Der Distressed-Markt hat die Verwertung von insolventen Energiefirmen in Niedrigzinszeiten als lukrative Anlageklasse entdeckt. Das sagt schon alles über den aktuellen Stand der deutschen Energiewende aus.
Auch fällt es den Firmen immer schwerer Kredite für Ihre Unternehmungen zu erhalten – und das, obwohl die Banken hierzulande ihre Kreditvergabestandards seit der Finanzkrise massiv gelockert haben. Aber welches Geldhaus möchte in die Erneuerbaren Energien in Deutschland nachhaltig investieren. Zum Vergleich: Früher war es ein Leichtes, die Errichtung einer Biogasanlage finanziert zu bekommen. Welche Bank finanziert sowas heute noch? Das gleiche gilt für die Solarmodulproduktion oder für die Errichtung neuer Netze. Welche Bank erteilt eine Finanzierungszusage für ein Projekt, das durchschnittlich in vier bis fünf Jahren genehmigt wird – wenn überhaupt?
Deutschland muss sich in puncto Energiewende auch seiner internationalen Verantwortung bewusst sein. Zwar macht der deutsche CO2-Verbrauch nur einen Bruchteil der weltweiten Emissionen aus. Aber es hätte eine große Signalwirkung, wenn die größte Volkswirtschaft Europas die Energiewende jetzt endlich mit aller Macht anpacken würde – natürlich immer mit Augenmaß, aber auch mit einer gehörigen Portion Mut und Wille. Die Bundesregierung hätte endlich Rahmenbedingungen schaffen können, dass Wirtschaft und Bevölkerung die Energiewende mit antreiben. Das wäre dann auch ein wichtiger Motor für die ins Stottern geratene Konjunktur gewesen. Auch diese Chance wurde leider vertan.
Die Kolumne wurde zuerst bei Focus.de veröffentlicht.
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